Die Volksschule in Weenermoor

 

Anmerkungen zur Schulgeschichte

aus: Dorfchronik Weenermoor - Möhlenwarf - Beschotenweg

(Autor leider nicht bekannt)

 

 

Die Schulgebäude

 

"Wer heute durch Weenermoor fährt, erkennt wie auch in anderen kleinen Dörfern das Gebäude nicht mehr, das einmal die Dorfschule war. Dafür gibt es die Haltestellen der Schulbusse, mit denen die Kinder zu den nächstgelegenen Schulzentren gefahren werden. Um so wichtiger ist es, in der Dorfchronik festzuhalten, was das Dorfleben früher mit geprägt hat.

 

Auch die Schule in Weenermoor hat eine lange Geschichte, die eng mit dem wandernden Dorf verknüpft war. Das wird erkennbar an der Urkunde von 1664 [...], worin sich die Einwohner von Weenermoor und Overmoor auf einen gemeinsamen Lehrer einigen. In der Urkunde heißt es, daß der Schulmeister seinen festen Wohnsitz auf Siebe Beisens Land behalten soll. Es ist davon auszugehen, daß die Schule in alter Zeit in der Nähe der jeweiligen Kirche gestanden hat. Nach der Besiedelung der heutigen Weenermoorer Straße zwischen 1770 und 1800 [...] ist 1800 dort auch eine Schule gebaut worden. Es ist denkbar, daß die Entfernung zur Kirche am Mittelweg, die ja noch bis 1815 benutzt wurde, dazu geführt hat, auf dem Schulgebäude einen Dachreiter mit Glocke anzubringen. Einen ähnlichen Dachreiter mit Glocke hatte auch die Schule in Folmhusen (heute Schulmuseum), die ja auch einige Kilometer von der Kirche in Ihrhove entfernt lag.

 

Die Volksschule Weenermoor vor 1912

 

Um 1850 war die Schülerzahl so gewachsen, daß der Klassenraum zu klein wurde und eine neue Klasse nach Westen gebaut wurde. Nach langjährigen Verhandlungen, die schon vor der Jahrhundertwende begannen, kam es 1912 zu einem Neubau an derselben Stelle, wo die alte Schule stand. Während der Bauarbeiten soll der Unterricht in der Werkstatt des Zimmermeisters Watermann abgehalten worden sein.

 

Motiv von einer Postkarte (um 1914)

 

Schule zwischen 1912 und 1952

(Nachkriegsfoto)

 

Als nach 1945 durch den Flüchtlingsstrom die Zahl der Schulkinder anwuchs (1932: 46 Schüler; 1949: 129 Schüler), mußte ein zweiter Klassenraum angebaut werden. Dieser Anbau erfolgte 1950. Bis zur Zusammenlegung mit der Schule in Möhlenwarf (1969) blieb die Schule in Weenermoor für die Schuljugend der Mittelpunkt ihres Wohnortes."

 

Schule nach 1952

Schule nach 1952

 

1971 wurde der Gebäudekomplex (Schulgebäude und Lehrerwohnhaus) an Privatleute verkauft. Diese nutzten das Schulgebäude zunächst als Schweinestall, wodurch es stark in Mitleidenschaft gezogen wurde. Danach wurde das Schulgebäude dem Verfall überlassen. Das Lehrerwohnhaus wurde dagegen noch weiter genutzt und über Jahre vermietet. Seit längerer Zeit steht nun auch dieses Haus leer. Anfang 2011 wurde darüber nachgedacht, das Schulgebäude wegen Baufälligkeit abzureißen.

 

Das traurige Ende des Schulgebäudes

(Zustand 2011)

Der Eingangsbereich

mit dem Schulhof

   

Die ehemaligen Schülertoiletten und

der Anbau des Lehrerhauses

Das Lehrerwohnhaus wurde renoviert,

steht aber seit Jahren leer

 

 

Die Lehrer

 

"Von der unendlichen Zahl der seelischen Eindrücke, die der Mensch im Verlaufe seines Lebens empfängt, bleiben die Erinnerungen an Heimat und Jugendzeit am lebendigsten. Selbst unbedeutende Kleinigkeiten verlieren kaum von ihrem Glanz, den ihnen ein Kinderherz einst verlieh. Mit welcher Innigkeit und Anschaulichkeit erzählen die Alten von ihren Erlebnissen aus der Schulzeit! Der alte Lehrer, den schon längst die kühle Erde deckt ersteht von neuem in allen einzelnen Wesenszügen dem lauschendem Hörerkreis. Aber wie so ganz anders wird nun die Arbeit des treuen Gärtners, der oft ein ganzes Geschlecht der Gemeinde in seiner Pflege hatte, von seinen ehemaligen Schülern beurteilt. Man versteht jetzt, da man selber älter geworden ist, wie er die seiner harrenden Aufgaben mit einem Herzen voller liebe und einem edlen Drang nach Wahrheit und Erkenntnis unter Überwindung von mancherlei Schwierigkeiten zu lösen versuchte. Wie manchen schlechten Streich möchte man jetzt dem freundlichen Förderer der Jugend- und Volksbildung abbitten. Mit dem Lehrer wird auch die Schulstube mit ihren Heimlichkeiten und Mühen, ihren kleinen Freuden und verschwiegenen Tränen wieder lebendig; der Kreis früherer Kameraden, von denen auch schon so mancher nicht mehr ist, schließt sich von neuem."

 

Ludwig Wagener 1930

Aus: "Vom Schulwesen im Rheiderland"

 

 

"So beginnt Lehrer Ludwig Wagener, der von 1924 bis 1932 in Weenermoor unterrichtete, einen Artikel "Vom Schulwesen im Rheiderland", der 1930 veröffentlicht wurde. Die Verbundenheit mit Schule und Lehrer war besonders stark, wo ein Lehrer alle acht Schuljahrgänge in einem Raum unterrichtete. Allerdings erklärt das auch, warum andererseits die Lehrer meistens sehr lange an einer solch kleinen Schule blieben. zumindest ist auffällig, daß die Namensliste der Lehrer von Weenermoor aus den letzten 200 Jahren sehr kurz ist.

 

 

Warner Henricus Schetzberg (1778 - 1829)

 

Heiko E. Lübbers (1830 - 1843)

 

W. Dreesen (1843 - 1888)

 

Luitjen Groen (1888 - 1924)

 

Ludwig Wagener (1924 - 1932)

 

Wichert Dreesmann (1932 - 1963)

 

 

Es sei kurz erwähnt, daß die Schulen bis 1919 von den Kirchengemeinden unterhalten wurden. Bei der Wahl der Lehrer wurde Wert darauf gelegt, daß sie die Orgel spielen konnten, um in der Kirchengemeinde als Organisten tätig sein zu können. Zur Ausbildung im Lehrerseminar in Aurich gehörte auch der Orgelunterricht. War in der Kirche keine Orgel vorhanden, fiel dem Lehrer die Aufgabe zu, in den Gottesdiensten die Choräle anzustimmen. Daß die Lehrer dafür eine besondere Ausdrucksweise hatten, geht aus den Erinnerungen hervor, die der in Jemgum geborene Lehrer Ludwig Kluin de Boer 1907 in der "Rheiderland"-Zeitung veröffentlicht hat:

 

"Na, Meester, waar willen Se denn all so freo hen?" fragte der mit seiner langen in der Haustür stehende alte Leding den vorbeischreitenden Lehrer Garrelts aus Midlum, der am Sonntagnachmittag gleich nach Tisch auf Jemgum zustrebte.

"Ik mutt van Nom'dag vör mien Kolleg halsörgeln", lautete die Antwort.

"Watt mutten Se? Halsörgeln?"

"Ja, dor in Jemgum sünt se noch so wiet achterut, datt se noch gien Örgel in de Kark hebben und darum mutten wi mit de Hals - vörsingen."

 

Lehrer Groen war der erste Organist in Weenermoor nach der Anschaffung der Orgel im Jahr 1906. Zuvor hatte er wie seine Vorgänger "mit dem Hals georgelt".

Von Lehrer Groen wird auch berichtet, daß er die Jugend zur Sparsamkeit anhielt. Nach seiner Pensionierung 1924 war er bis 1944 Verwalter der Annahmestelle der Sparkasse Weener in Weenermoor.

 

Schulklassen in Weenermoor mit Lehrer Luitjen Groen 1921

(Zum Vergrößern bitte das Foto anklicken)

Obere Reihe von links: Meino de Freese, Diedrich Röskamp, Tönjes Loer, Johann Groen, unbekannt, Gebhard Meyer, Frauke Smid, Anna Müller, Johanne Mansholt, Marie Oorlog, Roelfke Kuper, unbekannt.

Zweite Reihe von oben (von links): Johann Gelder, Wübbo Timmermann, Johann Dreesmann, Tammo Timmermann, Gerhard Meertens, Lehrer Luitjen Groen, Janni Hartog, Netti Haats, Frieda Wübbens, Johanne Müller, Gertrud Gelder.

Dritte Reihe von oben (von links): Hermann Gelder, Berend Abels, Keus Bronn, Wolderk Boekholt, Johann Stumpe, Frieda Kratzenberg, Anni Oorlog, Antine Müller, unbekannt, Henriette Smidt.

Vierte Reihe von oben (von links): Taleus Wübbens, Johann Meyer, Derk Kratzenberg, Johann Wolters, Bernhard Wolters, Etjeline Hartog, unbekannt, Swanette Bronn, Berta von Glan, Gertrud Bronn.

Fünfte Reihe von oben (von links): Dooks Teyen, Hermann Stumpe, Keus Kuper, Albert Hartog, unbekannt, Wilhelmine Smidt, Frieda Hartog.

Untere Reihe (von links): Hermann Groen, Johann van Anken, Weard Stumpe, Netti Wolters, Dini Groen, Janna Gelder, Stientje Abels, unbekannt.

 

 

Lehrer Ludwig Wagener war zunächst an der Schule in Möhlenwarf und ab 1924 in Weenermoor tätig. 1932 verzog er nach Blumenthal, wo er eine Hauptlehrerstelle übernahm. Er ist im Jahr 1959 in Neuenkirchen bei Bremen verstorben.

 

 

Schule in Weenermoor mit Lehrer Ludwig Wagener 1929

(Zum Vergrößern bitte das Foto anklicken)

Obere Reihe (von links): Albert Hartog, Anton Teyen, Hinrich Pathmann, Hinderk Oorlog, Gerd Abels, Albert Meyer, Heinrich Stumpe.

Zweite Reihe von oben (von links): Dooks Teyen, Fokko Lühring, Jürren Pathmann, Johann Teyen, Gerhard Eggers, Anneus Boekholt, Lehrer Ludwig Wagener.

Dritte Reihe von oben (von links): Ludwig Pathmann, Johann Frey, Swanette Bronn, Anni Oorlog, Elisabeth Ruiter, Mareke Wübbens, Wilhelmine Jütting, Grietje Ruiter, Weard Stumpe, Johann van Anken (vor der Kerze):

Vierte Reihe von oben (von links): Grietje de Vries, Alide Jütting, Käthe Wolters, Hanni Roskamp, Mariechen Barkela, Peta Koenen, Dina Wolters, Dinchen Müller, Netti Wolters, Hilda Oltmanns, Berta Hartog, Hermine Stöhr, Nonstine Telkamp, Stiene Abels.

Untere Reihe (von links): Frieda Koenen, Christine Südtmann, Engeline Gosseling, Johanne Wilken, Wendeline Fokken, Wilma Stöhr, Hinderika Südtmann, Adeline Teyen, Sientje de Vries, Hilbrandine Müller, Anna Jütting.

 

 

Klassenfoto vor der Schule in Weenermoor 1930

(Zum Vergrößern bitte das Foto anklicken)

Obere Reihe (von links): Anni Oorlog, Nonstine Telkamp, Grietje Ruiter, Hermine Stöhr, Mareke Wübbens, Dinchen Müller, Peta Koenen, Grietje de Vries, Frieda Koenen, Lini Janssen.

Kniend von links: Fokko Lühring, Gerd Abels, Heinrich Stumpe.

 

 

Schulentlassung 1937 mit Lehrer Dreesmann

(Zum Vergrößern bitte das Foto anklicken)

Von links: Johann Schröder, Lini Fokken, Hilda Oltmanns, Johanne Wilken, Wilma Stöhr, Stine Abels, Hanni Meyer, Dini Müller, Stintje de Vries

 

 

Einschulung 1938

Einschulung Ostern 1939

   

Schulanfang am 11. August 1941

Der erste Schultag 13. August 1942

 

Sein Nachfolger wurde 1932 Lehrer Wichert Dreesmann. Er wurde am 24. Juli 1897 in Weenermoor geboren, wo seine Eltern einen Bauernhof bewirtschafteten. Nach seiner Ausbildung am Lehrerseminar in Aurich war er kurze Zeit als Lehrer in Jemgum und anschließend in Oldendorp.

In Weenermoor übernahm er auch den Organistendienst, den er während der Nazizeit, als das nicht so gern gesehen wurde, nicht aufgab. Später wurde ihm von der evangelisch-reformierten Kirche der Titel "Kantor" verliehen als Anerkennung für seinen jahrzehntelangen Organistendienst. Ein Harmonium und ein Klavier in seiner Wohnung ließen erkennen, daß er die Musik sehr liebte.

 

Wichert Dreesmann

Lehrer in Weenermoor von 1932 bis 1963

 

Lehrer Dreesmann interessierte sich sehr für die Natur und war Naturschutzbeauftragter für das Rheiderland. Er starb am 28.03.1963 an einer schweren Virusgrippe - kurz vor seiner Pensionierung.

 

Schulunterricht bei Lehrer Dreesmann um 1960

 

Nach 1945 unterrichteten bei der gewachsenen Schülerzahl zunächst Herr Neumann, der selbst Vertriebener war, und die Junglehrer Herr Zabel, Herr Schulze und Fräulein Lieb. Nach dem Tod von Herrn Dreesmann waren noch bis zur Auflösung der Schule im Jahr 1969 die Lehrer Grabe und Richter tätig, die dann beide mit den Weenermoorer Kindern nach Möhlenwarf überwechselten.

 

Schulkinder zweier Klassen der Volksschule Weenermoor

mit den Lehrern Dreesmann und Neumann 1949

(Zum Vergrößern bitte das Foto anklicken)

Obere Reihe (von links): Menno Wirtjes, Jürgen Smidt, unbekannt, Bernhard Groen, Anton Höger, Gerd Rhoden, Erich Gelder, Oltmann Abels, Johann Dreyer.

Zweite Reihe (von links): Karl-Heinz Rüther, Gerhardus Kruizinga, Elisabeth Ferlemann, Erna Koenen, Tina Rubien, Tina Meyer, Christine Abels, unbekannt, Dinchen Müller, Rosi (oder Marianne) Rössler, unbekannt, Paul Dreyer.

Dritte Reihe (von links): Siegfriede Kromminga, unbekannt, Ingeborg Poppen, Grete Rhoden, Elise Gelder, Taleus Gelder, unbekannt, Wichmann Kromminga, Karl Spekker, Franz Tielsch.

 

 

 

Besonderheiten im Schulleben

 

Im Sommer 1924 fuhr man von Weenermoor aus unter großer Beteiligung des ganzen Dorfes mit 15 geschmückten Kutschen nach Logabirum zu "Onkel Heini", dessen Zoo und Ausflugslokal über viele Jahre hinweg ein beliebtes Ausflugsziel war. Noch im Sommer 1950 notiert Lehrer Dreesmann einen Ausflug nach Logabirum.

 

Schulausflug im Sommer 1924
zusammen mit dem ganzen Dorf

Mit 15 geschmückten Kutschen ging es

 nach Logabirum zu "Onkel Heini"

Schulausflug nach Logabirum 1924

 

 

Aus einigen Notizen von Herrn Dreesmann geht hervor, daß der Schulunterricht während des 2. Weltkrieges auch in Weenermoor sehr eingeschränkt werden mußte. Anfang Mai 1944 mußte Herr Dreesmann auch in Tichelwarf unterrichten. Im Sommer wurden die Kinder zu Ernteeinsätzen herangezogen.

 

"21.08.1944: Ab heute sind die Schüler der Oberstufe in der Bohnenernte - 18 Schülerinnen auf Bunderhee bei Gebr. Diddens."

 

Mit den 28 Kindern der Oberstufe unternahm Herr Dreesmann am 21.08.1950 eine Fahrradtour nach Papenburg. Stationen auf der Fahrt waren das Gut Halte, die Schiffswerft Meyer, die katholische Michaeliskirche, die Gartenwirtschaft N., die Kirche in Mitling und Hilkenborg.

 

Schulaufführung in den 1950er Jahren

 

Erwähnt sei noch, daß es in der Schule manche schöne Feier gab, bei denen die Kinder ihr schauspielerisches Talent zeigen konnten. Seit 1924 war es Brauch, eine Weihnachtsfeier in der Kirche zu gestalten. Noch vieles ließe sich berichten, was der Vergangenheit angehört. Aber die Anmerkungen mögen genügen, um Früheres wieder in Erinnerung zu rufen.

 

 

 

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